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ENERGIE & ROHSTOFFE

Dr. Michael Angrick, Leiter des Fachbereichs nachhaltige Produktion im Umweltbundesamt (Foto: UBA)

Berlin, 10.11.2011

EurActiv – Rohstoff-Offensive mit „starken Mitteln“

Dr. Michael Angrick, Leiter des Fachbereichs nachhaltige Produktion im Umweltbundesamt, hofft, dass das Nationale Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) im Januar oder Februar 2012 das Bundeskabinett passiert. Das sagte er auf dem Europäischen Industrie-Dialog Brüssel-Berlin des europapolitischen Portals EurActiv.

Ursprünglich sollte der entsprechende Entwurf des Bundesumweltministeriums (BMU) eventuell sogar noch im Dezember verabschiedet werden. Mit dem Programm soll im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel erreicht werden, die Rohstoffproduktivität der deutschen Industrie bis 2020 gegenüber 1994 zu verdoppeln. Das BMU hat in einem Konsultationsprozess ca. 80 schriftliche Stellungnahmen und Beiträge von Verbänden, zivilgesellschaftlichen Akteuren und der Wissenschaft ausgewertet.

Das BMU beziffert den durchschnittlichen Materialkostenanteil im deutschen produzierenden Gewerbe auf etwa 45 Prozent.
(Foto: Hydro)


Auch die vor zwei Jahren vorgestellte europäische Rohstoff- und Ressourcenstrategie werde derzeit weiterentwickelt, so Paul Anciaux, Generaldirektion Unternehmen und Industrie der EU-Kommission. Sie stehe „ganz oben auf der politischen Agenda“. Die Kommission hatte Anfang 2011 ihre Leitlinie „Ressourcenschonendes Europa“ vorgestellt. Laut Anciaux gelte es, den Zugang zu gleichen Bedingungen über den internationalen Markt zu gewährleisten, heimische Vorkommen besser zu nutzen und Recycling und Ressourceneffizienz zu steigern. Besonderes Augenmerk lege Brüssel auf das Rohstoffpotenzial in Afrika. Deshalb sei auch im Juli 2010 ein bilaterales Abkommen mit der Afrikanischen Union geschlossen worden. Paul Anciaux kündigte an, bei Zugangsbarrieren „auch starke Mittel“ wie WTO-Streitbeilegungsverfahren anzuwenden. Auch in der EU selbst gebe es noch viele Hindernisse für den Bergbau, die abgebaut werden müssten. Außerdem werde die Liste Kritischer Rohstoffe, die derzeit nur 14 Positionen umfasst, überprüft. Anciaux forderte verstärkte Forschungsanstrengungen, Kritische Rohstoffe zu substituieren.

Zwischen der Industrie und Politik und Behörden andererseits gibt es aber weiterhin erhebliche Differenzen, inwieweit Industriepolitik und Ressourceneffizienz im Zielkonflikt stehen. Für Dr. Thomas Gebhardt (MdB, CDU) handelt es sich um komplementäre Ziele, zwischen denen „es gar kein Spannungsfeld gibt“. Oliver Bell, Vorstand des norwegischen Aluminiumkonzerns Hydro und Vorsitzender der Initiative „Metalle pro Klima“ sieht hingegen durchaus „da und dort Konfliktpotenzial“. Rohstoffpolitik sei überdies „zum Teil knallharte Industriepolitik“. Gegen den chinesischen Drang, sich exklusiven Zugang zu sichern, sollten weitere Allianzen wie mit der Mongolei geschmiedet werden.

Bei Regulation und konkreten Effizienzvorgaben für die „Nicht-Eisen-Metallindustrie“ müsse man auch realistisch bleiben und die Grenzen der Physik beachten. Eine effiziente Produktion liege im ureigensten Interesse der Hersteller, andernfalls wären die Unternehmen schon längst aus dem Markt ausgeschieden. Umweltbundesamt-Experte Angrick stellt jedoch insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen in puncto Materialeinsparung „noch eine Menge Luft nach oben“ fest. Manche Kritik der Wirtschaft sei emotional und unverständlich, „als ob die Politik nichts anderes im Sinn hätte, als die Industrie zu knebeln“. Politische Interventionen hätten vielmehr dazu geführt, dass bestimmte Innovationen wie der Katalysator schneller eingeführt worden seien, so Angrick. (kö)

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