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Bild © Public Security

Berlin/Bonn, 11.03.2017

Gemeinsame Stabsrahmenübung von Polizei und Bundeswehr in Ländern und Bund

Vom 7. bis zum 9. März 2017 haben die Polizeibehörden in Bund und Ländern zum ersten Mal gemeinsam mit der Bundeswehr die Zusammenarbeit bei der Terrorabwehr im Rahmen einer Stabsrahmenübung geübt, bei der es vor allem um die Erprobung der Verfahrens- und Kommunikationswege ging. An der als "GETEX" ("Gemeinsame Terrorismusabwehr-Exercise") bezeichneten Übung nahmen die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein teil. 360 Soldaten, sowie Vertreter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, des Bundeskriminalamts (BKA), der Bundespolizei und des Bundesamts für Verfassungsschutz waren involviert.

Dass Deutschland im Zielspektrum des internationalen Terrorismus steht, ist nach Ansicht der politisch Verantwortlichen Grund dieser Übung. Eine frühzeitige und intensive Vorbereitung der Sicherheitsbehörden auf terroristische Anschläge sei demnach unverzichtbar. Die handelnden Behörden wollten Kooperation, Koordination und gemeinsame Reaktion einüben.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière: "Die Meldewege müssen funktionieren, die Stäbe müssen voneinander wissen, was zu tun ist."

Die Einbeziehung und die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr in einer Terrorlage war bislang noch nicht geübt worden. Nach geltendem Verfassungsrecht kann die Bundeswehr, neben Maßnahmen der technisch-logistischen Amtshilfe, unter engen Voraussetzungen auch hoheitliche Aufgaben zur Unterstützung der Polizeikräfte bei der wirksamen Bekämpfung eines besonders schweren Unglücksfalls, d.h. auch einer terroristischen Lage, wahrnehmen.

Daher wurde ein Schreckensszenario inszeniert: Explosion am Münchner Hauptbahnhof mit 20 Toten, Amoklauf an einer Schule in Bremen, Schusswechsel mit der Polizei, Detonation am Düsseldorfer Flughafen. Attentate in Köln, Münster, Osnabrück mit dutzenden Toten und hunderten Verletzten.

Als Basis wurde ein "Übungskrisenstab" im Bundesinnenministerium eingerichtet, der Kontakte zu den Verantwortlichen in den Ländern sowie der Bundeswehr hält. Für die Bevölkerung jedoch ist der Testlauf nicht sichtbar: Es werden keine Einsätze oder Rettungsaktionen draussen geprobt. Polizisten, Soldaten oder sogar Panzer waren im Rahmen dieser Übung nicht auf der Straße zu sehen.

Kritik an Anti-Terror-Übung: Schleichende Militarisierung der Inneren Sicherheit?
Kritik gab es aber vor allem an einer grundsätzlichen Frage: Darf die Bundeswehr im Inneren Polizeidienste übernehmen? Hilfseinsätze bei Hochwasser, bei Umweltkatastrophen, bei der Flüchtlingshilfe sind unstrittig. Problematisch wird es, wenn Soldaten im Inland Bürger kontrollieren, sie festnehmen, mutmaßliche Attentäter erschießen. Hier hat das Bundesverfassungsgericht hohe Hürden eingezogen: Der Bund geht davon aus, dass durch eine Vielzahl von Anschlägen eine "katastrophenähnliche Situation" entstehen könnte. Und nur dann kommt eine Unterstützung der Polizei durch die Bundeswehr in Betracht. Wie jedoch die rechtlichen Grundlagen ausgelegt werden, bleibt offen.

Der stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, mahnt gegenüber tagesschau.de mehr Realitätssinn an: "Der Drehbuchautor dieses Szenarios muss aufpassen, dass die Phantasie nicht mit ihm durchgeht." ergänzt auch: "Terroristen dürfen nicht zu Kriegern überhöht werden. Sie müssen wie jeder andere Schwerkriminelle behandelt werden." Und Staatsrechtler Ulrich Battis warnt sogar vor Nachahmern: "Man kann durch solche Übungen auch Gefahren herbeireden.".

Die Streitkräfte handeln unter der Gesamtleitung der Polizei und nach Maßgabe des Gefahrenabwehrrechts des Landes. Angesichts des sich hieraus ergebenden spezifischen Übungsbedarfs ist im Rahmen der Erstellung des Weißbuches zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr im August 2016 mit den Landesregierungen eine gemeinsame Übung vereinbart worden.

Aber was dürfen Bundeswehrsoldaten in einem solchen Katastrohenszenario? Sie sollen bei der Entschärfung von Sprengstoffen oder beim Schutz von Objekten eingesetzt werden. Dies ermöglicht es der Polizei, sich auf ihre hoheitlichen Aufgaben zu konzentrieren, z.B. die Fahndung nach flüchtigen Tätern. Sollte es bei einem Anschlag eine große Zahl an Verletzten geben, können Soldaten bei deren Versorgung helfen. Bei einem Anschlag mit atomaren, biologischen oder chemischen Kampfmitteln können die Experten der Bundeswehr ihr Wissen anwenden.

Die Ergebnisse der dreitägigen Anti-Terror-Übung von Polizei und Bundeswehr sollen dann bei der nächsten Innenministerkonferenz im Juni in Dresden diskutiert werden. (zi)