Das Magazin für Innere und Äußere Sicherheit, Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Kritische Infrastrukturen
Home

Bild © Public Security

Berlin, 11.05.2017

Steigt Meeresspiegel schneller um 1,70 Meter?

In einen internen Bericht für das Bundesverkehrsministerium warnt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) davor, dass die bisherigen Anstiegsszenarien des UN-Klimarats zu optimistisch sein könnten. Zu dem Schluss komme die Behörde durch Auswertung aktueller Klimastudien.

Das BSH, das zum Geschäftsbereich des BMVI gehört, warnt aktuell in diesem internen Papier, welches unter anderem dem NDR vorliegt, dass "ein höherer Anstieg des Meeresspiegels bis zum Ende des Jahrhunderts deutlich über einen Meter hinaus bis hin zu 1,70 Metern mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen zu sein scheint". Beim Küstenschutz könne dies dazu führen, dass "bereits getroffene Anpassungsmaßnahmen modifiziert oder neue sogar in Angriff genommen werden" müssten. Sollten die arktischen und antarktischen Eisschilde kollabieren, sei auch ein noch höherer Meeresspiegelanstieg denkbar, so das BSH.

Bisher planen Bund und Länder ihre Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung im Küstenraum auf Grundlage der Anstiegsszenarien des UN-Klimareports: Der jüngste Report von 2013 zeigt demnach als pessimistischstes Szenario einen Meeresspiegelanstieg von 52 bis 98 Zentimetern bis zum Jahr 2100 auf. Dieser neue Report könne jedoch dazu führen, dass „bereits getroffene Anpassungsmaßnahmen modifiziert oder neue sogar in Angriff genommen werden“ müssten. Sollten die arktischen und antarktischen Eisschilde kollabieren, sei auch ein noch höherer Meeresspiegelanstieg denkbar, so das BSH.

Es handelt es sich hierbei um das so genannte RCP 8.5 Szenario, das pessimistischste der RCP-Szenarien für den aktuellen 5. IPCC-Sachstandsbericht des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC), der im Jahr 2013 erschienen ist. Vom IPCC wurden vier Konzentrationspfade für den 5. Sachstandsbericht ausgewählt: RCP2.6 (RF relativ niedrig), RCP4.5 (RF mittel), RCP6.0 (RF hoch) und RCP8.5 (RF sehr hoch).

Das BSH geht zwar davon aus, dass "die bisherigen Maßnahmen zur Sicherung der Küsten und Siedlungen zumindest bis zum Jahr 2050 einen ausreichenden Schutz vor Überflutung bieten werden". Aber die Gefahr für die flacheren Küstenregionen nehmen mit steigendem Meeresspiegel zu. Auch die Großstädte Süd- und Südostasiens ebenso einige große Städte entlang der US-Ostküste könnten im Extremfall eine obere Spanne von knapp zwei Metern erreichen", so Wissenschaftler. Kritisch dürfte es vor allem für die ohnehin nur knapp über dem Meeresspiegel liegende Inseln des Pazifiks und Indischen Ozeans werden und sie müssen sich den Prognosen nach auf solche Szenarien vorbereiten. "Ein solcher Anstieg um fast zwei Meter wird zu einer Vertreibung der urbanen Bevölkerungen führen – rund 2,5 Millionen aus tiefliegenden Gebieten Miamis, 2,1 Millionen Menschen aus Guangzhou, 1,8 Millionen aus Mumbai und mehr als eine Million aus Osaka, Tokio, New Orleans, New York und Ho-Chi-Minh-Stadt", prognostizieren Svetlana Jevrejeva vom National Oceanography Centre in Liverpool und ihre Kollegen.

Das BSH rät dem BMVI, zunächst jedoch abzuwarten. Ein für Herbst 2019 erwarteter UN-Sonderbericht könnte die Annahmen der aktuellen Forschung korrigieren.

Das BSH wollte sich zu dem Schreiben nicht äußern, das BMVI lehnte einen Kommentar ebenso ab.