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Havelberg, 24.06.2018

Waldbrandübung mit innovativer Löschtechnik

Zu einer besonderen Waldbrandübung kamen Vertreter der drei Landkreise, Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und Stendal, in Nitzow bei Havelberg zusammen.
Geübt wurde auf dem Wasserübungsplatz der Bundeswehr der Ersteinsatz der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr (FF) im Rahmen der Einsatzgrundsätze im konventionellen Einsatz bei der Waldbrandbekämpfung sowie die Verstärkung der Löschkräfte durch THW, dabei Sicherstellung der Wasserversorgung über lange Distanzen.

Teilnehmer von sieben Feuerwehren aus Prignitz, aus Havelberg, vom Technischen Hilfswerk (THW) aus Wittenberge, Neuruppin und Rathenow, von der Sonder-Einsatz-Einheit (SEE) aus Pritzwalk und dem Katastrophenschutz der Landkreise Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und Stendal waren beteiligt und begutachteten die Spezialfahrzeuge. Aufgrund der Lageentwicklung (Brand in munitionsbelasteter Fläche) kam es zu einer Aktivierung weiterer im Rahmen der Katastrophenplanung vorgesehener Kräfte mit jeweils speziellen, besonderen Fähigkeiten.

Kreisbrandmeister Holger Rhode (Landkreis Prignitz) eröffnete die Veranstaltung und konnte prominente sowie internationale Gäste begrüßen:
Albrecht Broemme, Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW),
Hermann Schreck, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverband und Kreisbrandrat für Öffentl. Sicherheit u. Ordnung, Jagdrecht, Gewerberecht des Landratsamtes Bayreuth,
MdB Eckhard Gnodtke, Mitglied Verteidigungsausschuß, Innen- und Heimatausschuss
MdB Dr. Marcus Faber, Mitglied Verteidigungsausschuß,
Oberstleutnant Uwe Eichler, Bundeswehr / Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz, und Dienstleistungrn der Bundeswehr (BAIUD Bw) – Brandbekämpfung / Gefahrenabwehr
Landrat Torsten Uhe (Landkreis Prignitz),
Vertreter aus den Kreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und Stendal sowie
Fachpublikum aus den USA, Frankreich und Brasilien.

Durch die Veranstaltung führte Prof. Dr. Johann Georg Goldammer, (Director des Global Fire Monitoring Center (GFMC) Fire Ecology Research Group beim Max Planck Institute for Chemistry bei der Freiburg University / United Nations University (UNU)).

Innovative Hochdruck-Wirbellöschtechnik

Im Zuge dieser Übung wurden zudem innovative Löschsysteme eingesetzt und präsentiert:
• Mobile Brandschutz-Lösungen auf Rad- und Kettenfahrzeugen
• Peat-Fire-Lösung zur Bekämpfung von Torffeuern oder Schwelbränden in
Kompostierungsanlagen

Die dabei vorgestellten ganzheitlichen Waldbrandbekämpfungssysteme weisen im Gegensatz zu herkömmlichen Systemen entscheidende Vorteile bei der Waldbrandbekämpfung auf.

Konventionelle landbasierte Löschfahrzeuge sind alle radgetrieben, d.h. sie können im unwegsamen Waldgelände überhaupt nicht bis zum Feuer vordringen und löschen. Gelingt es ihnen aber trotzdem bis zum Feuer zu gelangen, dann können sie aufgrund der vorhandenen Niederdrucklöschtechnik nur wenige Minuten Löschen und müssen dann zurück. Vorhandene Löschfahrzeuge sind im Prinzip immer auf die Nähe eines Wasserhydranten angewiesen.

So führen die radgetriebenen Fahrzeuge z.B. einen Wasservorrat von 8.000 Liter mit sich und verbrauchen beim Löschen bis zu 2.000 Liter pro Minute. Die Löschzeit beträgt also nur wenige Minuten. Die Löschwirkung ist minimal, da die Niederdrucksysteme zwar einen großen Wasserstrahl werfen, aber die Oberfläche des Löschwassers ist sehr gering. Aber gerade eine große Oberfläche bringt eine hohe Löschwirkung.

Ein IVECO-Spezialfahrzeug mit der sparsammen VORTEX-Löschtechnik


Die „Löschkanone“ (Fachbegriff: Löschmonitor) wird in einem Drehturm mit einer Öffnung auf einem Rad- oder Kettenlöschfahrzeug eingerichtet, so dass Brände ungehindert bekämpft werden können und ein Schutz vor mechanischer Außenwirkung wie z.B. umstürzende Bäume gegeben ist. Die Steuerung und Auslösung dieser Feuerlösch-Kanone erfolgt über einen Joy Stick durch das Bedienungspersonal. Der Hohlstrahl bleibt über eine größere Entfernung weitgehend geschlossen und „pilzt“ dann auf.
Aus der Luft können im Prinzip nur Kronenfeuer erfolgreich bekämpft werden, da das Wasser nur in den seltensten Fällen den Boden erreicht.

Das Szenario

Im Rahmen dieser Waldbrand-Löschübung präsentierte das Solinger Spezialunternehmen protectismundi seine speziellen Lösungsansätze zur Brandbekämpfung mit Unterstützung und in Zusammenarbeit mit der Firma DiBuKa (Spezialist für Feuer- und Vegetationsmanagement aus Seehausen), die schon umfangreiche Erfahrungen im realen Einsatz besitzt.

Die besondere Hochdruck-Löschtechnologie soll Feuerwehrleuten weltweit helfen, Brandherde aller Art auch unter schwierigen Bedingungen effektiv zu bekämpfen. Das System ist für die Montage auf unterschiedlichen Spezialfahrzeugen – zu Wasser und zu Lande – geeignet.

Zunächst wurde eine Schneise abgesteckt, die nun frei von Munition sein soll. Erst danach kommen die Kettenfahrzeuge zum Einsatz: Zwei demilitarisierte umgebaute Kettenfahrzeuge vom Typ „Marder“, einer mit der innovativen VORTEX-Löschtechnik, der andere als Bergungsfahrzeug umgebaut und in der Lage, Menschen aus den Flammen zu retten, sowie zwei SPOT T-55 mit russischem Unterfahrgestell aber konventioneller Löschtechnik. Diese Kettenfahrzeuge, die neben einem IVECO-Allradfahrzeug in Havelberg präsentiert wurden, bieten grade in unwegsamen Gelände Vorteile: Herkömmliche Löschzüge würden hier stecken bleiben. Zudem können diese Spezialfahrzeuge direkt durchs Feuer fahren und in Bereiche vordringen, die für andere Fahrzeuge unzugänglich sind. Mit ihren Hochdruck-Löschkanonen lassen sie bei der Übung den Sprühnebel (bis zu 80 Meter Distanz überbrückend) über den jeweiligen Brandherd regnen. Herkömmlicher Systeme liegen im Schnitt bei rund 40-50 m und benötigen rund 8.000 l/min, das VORTEX System hingegen nur rund 500 l/min. Wobei die Wurfweite nicht allein entscheidend ist. Wichtig für die Waldbrandbekämpfung ist eine bestmögliche Abstimmung zwischen Wurfweite, um z.B. Baumkronen erreichen zu können, und dem am Ende des Löschstrahls ausgebildeten Löschkegel (Pilz). Dieser Bereich muss eine optimale Verteilung von größeren Wassertropfen zwischen 2 – 5 mm und kleinen Tropfen zwischen 1 - 2 mm enthalten. Diese Abstimmung sorgt für eine optimale Löschkapazität, bzw. Löscheffizienz.

„Basis unseres System ist die VORTEX-Hochdrucklöschtechnologie“, so Geschäfts¬führer Wolfgang R. Nolte von protectismundi. „Damit können wir Brände löschen, bei denen andere Systeme Probleme haben oder erst gar nicht zum Einsatz kommen und verbrauchen viel weniger Wasser, was zu einer weitaus längeren Löschzeit führt.““

Die Einsatzfahzeuge sprühen sich selbst zur Kühlung ebenfalls ein. „Durch diese Kühlung können sie Einsätze bei mehreren 100 Grad Celsius fahren, wie wir sie oft bei Waldbränden haben“, erklärt Johannes Goldammer, Leiter des Zentrums für Globale Feuerüberwachung in Freiburg.

Da vor Ort die Gefährdung mittels eines Munitionsfeldes durch Pyrotechniker simuliert wurde, zeigt der Einsatz dieser gepanzerten Kettenfahrzeuge, dass die Besatzung auch bei Detonationen sicher ist.

Drohne aus den USA liefert Infrarotbilder aus der Luft

Die Brandbekämpfung wurde mit einer spezialisiert ausgerüsteten Drohne (aus den USA eingeführt) aus der Luft begleitet. „Sie liefert nicht nur Videomaterial, sondern kann per Infrarotkamera auch versteckte Glutnester oder Hotspots aufspüren“, erklärt Goldammer. „Aufgezeichnete Daten werden sofort an die Einsatzleitung übermittelt, damit diese entsprechend reagieren kann.“

Pipelinebrand

Die Spezialeinsatzkräfte müssen nun auf ein neues Szenario reagieren: An einer Pipeline brennt es. „Die Drohnenbilder haben gezeigt, dass die Leitung beschädigt ist“, so Goldammer. Zudem befindet sich eine Person an der Pipeline. Ein Bergepanzer, mit einem über 15 Meter langen Auslegearm, kann die Person schnell und sicher bergen und bringt sie zum Krankenwagen.

Zusammen mit dem THW wurde eine sogenannte Riegelstellung aufgebaut, um das Übergreifen eines Brandes auf einen anderen, noch nicht brennenden Bereich zu unterbinden. Die Löschfahrzeuge müssen immer wieder aufgetankt werden. Die Nachfüllanks fassen bis zu 20.000 Liter Wasser, welches aus der nahe gelegenen Havel entnommen wird.

Gegen Ende der Übung gibt es noch eine Demonstration zum Löschen von Torfbränden mittels einer speziellen „Peat-Fire-Lanze“. Torffeuer sind im Gegensatz zu anderen Ländern wie Indonesien oder Australien in Deutschland zwar selten, jedoch treten häufig Feuer in Kompostieranlagen auf, die oft wochenlang brennen, weil man an die Glutnester im Inneren nicht heran kommt. Mit einem Druck von 700 Bar wird nun Wasser mit Sprühnebel zielgerecht ins Innere gebracht und die Glut kann somit bekämpft werden.

Fazit: Feuerwehren mit Problemen im Wald

Der Prignitzer Kreisbrandmeister Holger Rohde zog sein Fazit aus der Übung: „Eine stabile Wasserversorgung unter einer halben Stunde im Wald hinzubekommen, ist sicher illusorisch. Die Leistungsfähigkeit der Kettenfahzeuge indessen ist beachtlich, da diese ins Gelände fahren können, in dem die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren erhebliche Probleme hätten.“

THW-Präsident Albrecht Brömme: „Es ist ein beeindruckendes Beispiel sich ergänzender Zusammenarbeit zwischen Bevölkerungsschutzkräften und der zivilen Wirtschaft.“

Auch der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes Hermann Schreck zeigte sich hoch beeindruckt.

(Norbert Ziegert, Public Security
Co-Autorin Beate Vogel, Märkische Allgemeine Zeitung
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