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DFV-Präsident Hartmut Ziebs bei seiner Eröffnungsrede des 8. Bundesfachkongress des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV)
© DfV

Berlin, 18.09.2018

DFV-Bundesfachkongress: Werte, Wissen, Netzwerk

Diskussionen über Werte und Burn-out, Versorgung und Beschaffung, Kommunikation und Handlungsstrategien: Der 8. Bundesfachkongress des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) beleuchtete unter dem Motto „Menschen in der Feuerwehr“ zahlreiche Facetten des Feuerwehrwesens. Knapp 180 Feuerwehr-Führungskräfte aus ganz Deutschland nutzten in Berlin die Gelegenheit zum fachlichen Austausch.

Wir müssen mehr tun, um Menschen nach Ereignissen nicht alleine zu lassen“, appellierte DFV-Präsident Hartmut Ziebs auch im Hinblick auf das internationale Modul, in dem israelische Experten ihre Erfahrungen mit Stressmanagement nach belastenden Einsätzen erläuterten. „Völkerverständigung kann helfen, Risse in der Gesellschaft zu verkleinern“, erklärte Ziebs. Prof. Dr. Edgar Franke, Beauftragter der Bundesregierung für die Anliegen von Opfern und Hinterbliebenen von terroristischen Straftaten im Inland, blickte unter anderem auf den Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz zurück: „Wenn Terroristen die Zivilgesellschaft angreifen, muss der Staat hier Flagge zeigen und zur politischen Verantwortung stehen.“ Es sei Aufgabe eines Sozialstaates, dass die Opfer finanziell und emotional unterstützt werden, bekräftigte Franke. Er zeigte sich auch aufgeschlossen gegenüber den Belangen der Feuerwehr: „Ich werde persönlich das Thema begleiten, ob nicht auch betroffene Feuerwehrleute nach Anschlägen Zahlungen erhalten sollten.“

Insgesamt standen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sechs unterschiedliche Module mit insgesamt zwölf Vorträgen zur Verfügung. Im Modul 1 befassten sich die Referenten mit der Vorbereitung in den Feuerwehren:

Markus Mohn (Freiwillige Feuerwehr Langenselbold) beleuchtete Qualitätsmanagement in der Feuerwehr: „Dies ist eine fundierte und vor allem objektive Argumentationsgrundlage für den Dialog mit politisch Verantwortlichen. Es bildet eine transparente, solide Erfassung des Aufwands einer Feuerwehr“, erläuterte er.
Strategien zur Fahrzeugbeschaffung stellte Rechtsanwalt Günther Pinkenburg vor, der zudem Mitautor der entsprechenden DFV-Fachempfehlung ist. „Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist entscheidend; der Zuschlag im Vergabeverfahren erfolgt nicht ausschließlich aufgrund des Preises!“, stellte er dar. Er räumte zudem mit einem häufig geäußerten und durchaus verbreiteten Irrglauben auf: „Der Vergabevorgang endet nicht nach dem Zuschlag.“

„Feuerwehrangehörige dürfen im Falle eines Unfalls keine Nachteile haben“ – diese These stand im Mittelpunkt von Modul 2:

Thomas Wittschurky, Vorsitzender des DFV-Fachbereichs Sozialwesen, nahm den Unfallversicherungsschutz in der Feuerwehr unter die Lupe: „Die Heilverfahren und Leistungen, die die Unfallversicherungen anbieten, sind besser als die der Krankenkasse.“ Insgesamt müsse es das Ziel sein, dass „in allen Bundesländern eine kreative Lösung gefunden wird“ – auch was den Schutz von Hinterbliebenen angehe. Wittschurky warf zudem die Frage auf, ob es nicht sinnvoll sei, Feuerwehrangehörige, die Opfer von Gewalttaten geworden seien, mit unter den Schutz des SGB VII zu stellen.
Tim Pelzl, Leiter des Fachbereichs „Feuerwehren, Hilfeleistungen, Brandschutz“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, erklärte unter anderem, wie im Rahmen der Überarbeitung der UVV Feuerwehren die Öffnung zu weiteren Ärzten gelungen ist: „Wir hoffen, hierdurch die Gesundheitsuntersuchung wieder in die Fläche zu bringen und nicht auf Arbeitsmediziner zu konzentrieren.“ Er erklärte, dass dies ohne den Deutschen Feuerwehrverband nicht möglich gewesen wäre.

„Was können wir von der Psychosozialen Notfallversorgung in Israel lernen?“, war die Kernfrage im englischsprachigen Modul 3:

Yotam Dagan, Leiter der Beratungseinheit des Israel Trauma and Resiliency Center NATAL, und Ruvie Rogel, stellvertretender Geschäftsführer des Community Stress Prevention Center, stellten Strategien zur Stressbewältigung für Einsatzkräfte vor. Ihr Vortrag beinhaltete einen „Werkzeugkasten“, innerhalb dessen man sich etwa bereits auf der Anfahrt mit dem möglichen Geschehen befassen kann. Zudem wurden die Bereiche Glaube, Gefühl, Soziales, Vorstellungskraft, Erkenntnis und Physiologie als wichtig für die Verarbeitung von stressigen Einsätzen identifiziert.

Im Modul 4 ging es um Verantwortung in digitalen Zeiten

„Früher hielt ein Funkgerät 25 Jahre – heute ändert sich die Welt sehr viel schneller“, resümierte Dr. Klaus Hütten, Vorsitzender des Vorstands Professioneller Mobilfunk e.V., zu Zukunftstrends im Bereich des Digitalfunks. Er gab Einblicke in das Beschaffungswesen – etwa die Probleme, bei internationalen Anbietern das produziert zu bekommen, was der deutsche Markt brauchen würde. Hütten prophezeite, dass künftig ein Großteil der aktuell 800.000 Endgeräte im Digitalfunk hybride Geräte in hybriden Netzwerken seien.
Rechtsanwältin Katharina Metz gab in ihrem Vortrag zum „Datenschutz in der Projekt- und Verbandsarbeit“ zahlreiche hilfreiche Hinweise: So könne etwa für Freiwillige Feuerwehren der Datenschutzbeauftragte der Gemeinde in Anspruch genommen werden. Bei der Veröffentlichung von Fotos gelten weiterhin die Ausnahmen etwa von Personen als Beiwerk oder bei Einsätzen von öffentlichem Interesse. Ein allgemeiner Fotohinweis bei Veranstaltungen sei jedoch nur eine Risikominimierung und schütze nicht vor dem juristischen Vorgehen fotografierter Personen.

Führung und Inklusion waren Thema des Moduls 5:

Daniel Nydegger (Feuerwehr Bubikon/Schweiz) erläuterte zur Motivation und Führen mit Werten, man könne sich nur selber motivieren: „Wir können hierfür jedoch die Rahmenbedingungen schaffen.“ Bernd Kramp (Branddirektion Karlsruhe) stellte den zehnteiligen Feuerwehrkodex vor, der die folgenden Werte beinhaltete: Verantwortungsbewusstsein, Ehrlichkeit, Genügsamkeit, Selbsteinschätzung, Treue/Solidarität, Loyalität/Respekt, Sorgfalt, Wertschätzung, Zielorientierung und Vertrauen.
„Inklusion ist eine Einzelfallentscheidung. Jede Behinderung ist anders“, waren sich Uwe Danker und Willi Donath (Deutsche Jugendfeuerwehr) beim Referat zur Inklusion einig. Sie erläuterten die rechtlichen Vorgaben und gaben Hinweise, wie die Herausforderung als Bereicherung gelingen kann. „Wenn man weiter existieren will, muss man sich dem gesellschaftlichen Wandel anpassen“, gaben sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit auf den Weg.

Praxisbeispiele besonderer Einsatzlagen weckten in Modul 6 das Interesse der Feuerwehrangehörigen:

„Unterstellungsverhältnisse zwischen verschiedenen Behörden und Organisationen bei Großschadensereignissen müssen unter Berücksichtigung rechtlicher Grundlagen und örtlicher Belange eindeutig geklärt werden – am besten vor dem Eintritt eines Ereignisses wie des Brandes eines Reisebusses auf der BAB 9“, resümierten Reiner Hoffmann, Kreisbrandrat Landkreis Hof, und DFV-Bundesfeuerwehrarzt Klaus Friedrich. Neben dem Massenanfall von Verletzten sei auch das große Medieninteresse bei der Einsatzlage bedeutsam gewesen: „Die Feuerwehr muss sich mit den beteiligten Organisationen und Behörden dahingehend abstimmen sowie die Medienarbeit noch vor Ort planen und aufnehmen“, rieten sie.
Die Bedeutung von Absprachen zwischen den Sicherheitsbehörden betonte auch Dr. Jörg Schmidt, Branddirektor Feuerwehr Köln, bezüglich der Handlungsstrategien für Terroreinsätze: „Die verschiedenen Definitionen von Sicherheit sollten deutlich abgegrenzt und sämtliche Informationen mit allen beteiligten Einsatzkräften kommuniziert werden. Die Ungewissheit einer Einsatzkraft über die eigene Situation ist der größte Faktor für das Misslingen eines Einsatzerfolges.“ Verbindungspersonen seien zum gegenseitigen Verständnis der Behörden untereinander unverzichtbar. „Höchste Priorität besitzt stets die Notwendigkeit der Schaffung sicherer Aufenthaltsräume, soweit es die Einsatzsituation hergibt”, resümierte er.

Die Veranstaltung wurde durch die DFV-Projekte „Faktor 112“ und „MENSCH Feuerwehr“ unterstützt. Die Präsentationen werden unter www.feuerwehrverband.de/bundesfachkongress.html zum Download gestellt. Der nächste Bundesfachkongress findet am Donnerstag, 12. September 2019, statt. (Quelle: DfV)