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Bilder: © Europaparlament/EU-Kommission

Brüssel, 28.10.2014

Die neue EU-Kommission

Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben die neue Kommission des Luxemburgers Jean-Claude Juncker bestätigt. Juncker kommt in ein Amt, dem in den letzten Jahren immer mehr Handlungsmöglichkeiten zugewachsen sind und leitet mit mehr als 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nun ein Kollegium von 27 Kommissaren.

Die Rollen im Kollegium werden nun noch weiter Juncker ausdifferenziert. Neben der Hohen Beauftragen für die Außen- und Sicherheitspolitik, der Italienerin Federica Mogherini, die ohnehin schon gegenüber anderen Kommissaren exponiert ist, weil sie den Vorsitz im Rat der Außenminister innehat, gibt es nun einen „ersten“ Vize-Präsidenten als direkten Vertreter von Juncker. Diese Rolle wird Frans Timmermans übernehmen, der bisher niederländischer Außenminister war.

Wer gehört der neuen Kommission an? Hier unser Überblick (die ersten sieben sind nicht nur Kommissare, sondern auch Junckers Stellvertreter):

1. Frans Timmermans, ehemals niederländischer Außenminister, ist erster Vizepräsident und zuständig bessere Regulierung.

2. Federica Mogherini, Italien, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Aussen- und Sicherheitspolitik, kommt auch die Vermittlerrolle zwischen der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat zu. Die studierte Politikwissenschaftlerin wurde 2007 Mitglied des Nationalen Sekretariats der Demokratischen Partei (PD) und 2008 erstmals in die Abgeordnetenkammer gewählt. Von 2008 bis 2013 war die 41-Jährige Italienerin Mitglied der Aussen- und Verteidigungsausschüsse im italienischen Parlament sowie Vorsitzende der italienischen Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO und vor ihrer Berufung seit dem 21. Februar 2014 italienische Aussenministerin.

3. Andrus Ansip, ehemaliger estländischer Ministerpräsident, ist als Vizepräsident der EU-Kommission nun zuständig für für den Digitalen Binnenmarkt und damit quasi der Chef von Günther Oettinger (Digitale Wirtschaft und Gesellschaft). Er sieht sich eher selbst als Koordinator, der die Richtung vorgibt und die großen Linien denkt, während Oettinger sich auf das konkrete Management vor allem bei den Themen der Digitalen Wirtschaft kümmern soll.

4. Marcos Sefcovic, Vizepräsident, aus der Slowakei ist zuständig für die Energieunion und tritt in die Fußstapfen von Günther Oettinger. Eigentlich war er schon für die Bereiche Verkehr und Weltraum bestätigt worden, da aber die Slowenin Alenka Bratusek in den Anhörungen durchfiel, sprang der 48-Jährige ein. Bisher war er Kommissar für Bildung, dann für Verwaltung. Er soll die energetische Abhängigkeit von Russland verringern und fordert, Pipelines von Norwegen oder Algerien aus zu bauen. Als europäisches Problem sieht er auch die hohen Strompreise, die zwei bis drei Mal höher seien als in den USA. Von einem einheitlichen Energiemarkt könnten Sefcovic zufolge auch die Bürger der Europäischen Union direkt profitieren.

5. Valdis Dombrovskis, ehemaliger lettischer Regierungschef, ist Vizepräsident und zuständig für Euro und sozialen Dialog.

6. Kristalina Georgiewa, Vizepräsidentin, ehemalige bulgarische Kommissarin für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, ist zuständig für den EU-Haushalt.

7. Jyrki Katainen, bislang finnischer Wirtschafts-und Währungskommissar, ist Vizepräsident und zuständig für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerb.

8. Vytenis Andriukaitis, litauischer Chirurg, wird EU-Kommissar für die Bereiche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

9. Dimitris Avramopoulos, ehmaliger griechischer Verteidigungsminister, ist zuständig für Migration und Inneres sowie den Bereich Staatsbürgerschaft.

10. Elzbieta Bienkowska war polnische Vize-Regierungschefin und wird als Kommissarin für die Bereiche Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum, Mittelstand Verantwortung tragen.

11. Violeta Bulc, erst seit vier Wochen slowenische Entwicklungsministerin, ist noch sehr neu in der Politik. Als Ersatzkandidatin für ihre Landsfrau Alenka Bratušek, wird sie den Bereich Verkehr und Weltraum übernehmen. Mit einer eigenen Unternehmensberatung beriet sie bisher Unternehmen und glaubt,laut ihrem Firmenblog an die "Kraft von Netzwerken, das holistische Individuum und positive Energie" und ein Lauf über glühende Kohle habe ihr, nach eigener Aussage, eine "kosmische Erfahrung" ermöglicht. Bulc versicherte, sie wolle sich für den Ausbau EU-weiter Verkehrsinfrastruktur einsetzen.

12. Miguel Arias Canete, ehemaliger spanischer Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt, übernimmt als EU-Kommissar die Bereiche Klimaschutz und Energie. Er gehörte zu drei besonders umstrittenen neuen EU-Kommissaren bei seiner Anhörung vor dem Rat. Aufgrund seiner Verbindungen zur Ölindustrie unterstellt man ihm einen Interessenkonflikt. Cañete versuchte sich bei seiner Anhörung als Anhänger der erneuerbaren Energien darzustellen: "Ich will, dass die EU die Nummer eins bei den Erneuerbaren wird."

13. Corina Cretu, EU-Parlamentarierin aus Rumänien, wird Kommissarin für Regionalpolitik.

14. Johannes Hahn, bislang Kommissar für Regionalpolitik, ist jetzt zuständig für EU-Nachbarschaftspolitik.

15. Phil Hogan, ehemaliger Umweltminister in Irland, wird Landwirtschaftskommissar.

16. Jonathan Hill, EU-Skeptiker aus Großbritannien, organisierte als oberster parlamentarischer Vertreter des Kabinetts die Regierungsgeschäfte wird Kommissar für den Bereich Finanzstabilität, Finanzdienste und Kapitalmarkt. Kritisch beäugt vom Parlament, wird ihm zudem vorgeworfen, als Mitbegründer einer auch für Finanzunternehmen arbeitenden Beratungsfirma ein "Bankenlobbyist" zu sein.

17. Vera Jourova, tschechische Abgeordnete, ist zuständig für Justiz, Verbraucherschutz und Geschlechtergerechtigkeit.

18. Cecilia Malmström, zuvor schwedische EU-Innenkommissarin,wird nun EU-Handelskommissarin.

19. Neven Mimica, ehemals kroatischer Vize-Premierminister, ist nun EU-Kommissar für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung.

20. Carlos Moedas, früherer Staatssekretär in der portugiesischen Regierung, wird Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation. Der Ex-Investmentbanker will die Forschung über Fördermöglichkeiten von Schiefergas, kurz Fracking, unterstützen. Als zentrales Thema sieht er Bürokratieabbau bei Forschungsprojekten und möchte die Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation auf europäischer Ebene zu stärken.

21. Pierre Moscovici, ehemaliger französischer Finanzminister, wird Kommissar für Wirtschaft, Finanzen und Steuern (in enger Zusammenarbeit mit Jyrki Katainen).

22. Tibor Navracsics, ehemaliger ungarischer Justizminister, ist Kommissar für Bildung, Kultur und Jugend.

23. Günther Oettinger, zuvor deutscher Energie-Kommissar, wird den neu geschaffenen Posten des EU-Kommissars für digitale Wirtschaft und Gesellschaft übernehmen. Ziel ist es, auch einen digitalen Binnenmarkt und damit letztlich mehr Wachstum und Jobs zu schaffen. Oettinger will in Europa ein Urheberrecht und eine Abgabe auf geistiges Eigentum einführen. Eine Urheberrechtsabgabe müsse dann nicht nur von europäischen Nutzern, sondern auch von US-Unternehmen wie Google entrichtet werden.

24. Christos Stylianides, zuvor Regierungssprecher Zyperns, kümmert sich künftig um Humanitäre Hilfe und Krisenbewältigung. Bei seiner Anhörung kündigte er an, sich aktiv in die EU-Außenpolitik einzubringen. Stylianides fordert für den Kampf gegen Ebola den Einsatz von 40.000 Helfern – nur so könne die Epidemie gestoppt werden. Zudem wolle er die Kapazitäten des neu gegründeten Zentrums für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC) nutzen, um die Mobilisierung medizinischer Helfer zu beschleunigen.

25. Marianne Thyssen, belgische EU-Abgeordnete, wird Kommissarin für Beschäftigung, Soziales und Mobilität.

26. Karmenu Vella, ehemaliger Tourismusminister auf Malta, übernimmt als Kommissar die Bereiche Umwelt, maritime Angelegenheiten und Fischerei. Umweltverbände fragen jedoch kritisch, ob Vella der richtige Mann für den Meeresschutz ist, da Malta nicht im Ruf steht, ein Vorbild in Sachen Umweltschutz zu sein.

27. Margrethe Vestager, ehemalige dänische Ministerin für Wirtschaft und Inneres, ist zuständig für das Wettbewerbsressort. Über die entgültige Entscheidung der neuen EU-Kommissare werden wir ausführlicher berichten und diese vorstellen. (zi)