Das Magazin für Innere und Äußere Sicherheit, Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Kritische Infrastrukturen
Home

ENERGIE & ROHSTOFFE


Jülich / Göttingen, 08.01.2018

Sonne, Wind und Stromhandel

Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen wie Sonne und Wind kann zu Schwankungen im Stromnetz führen. Doch können sich diese auf die Versorgungssicherheit auswirken? Um diese Frage zu beantworten, analysierten Jülicher und Göttinger Wissenschaftler, zusammen mit Kollegen aus London und Tokio, verschiedene Arten von Fluktuationen in einer Anzahl von Stromnetzen in Europa, Japan und den USA – und kamen zu überraschenden Ergebnissen. Ihre Studie wurde heute in der Fachzeitschrift Nature Energy veröffentlicht.

Unser Stromnetz arbeitet mit einer Netzfrequenz von 50 Hertz – meist erzeugt durch Turbinen, zum Beispiel in Wasser- oder Kohlekraftwerken – die mit 50 Umdrehungen pro Sekunde rotieren. "Entzieht ein Verbraucher dem Stromnetz nun mehr elektrische Energie, so sinkt die Netzfrequenz leicht ab, bevor eine gesteigerte Energieeinspeisung die vorherige Frequenz wiederherstellt", erklärt Benjamin Schäfer vom Göttinger Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS), Erstautor der Studie. "Die Abweichungen von dem Sollwert 50 Hertz dürfen niemals zu groß werden, da sonst empfindliche elektrische Geräte beschädigt werden können."

Auch erneuerbare Energieerzeuger verursachen Schwankungen der Netzfrequenz, da der Wind nicht immer mit der gleichen Geschwindigkeit weht oder Wolken für eine ständig schwankende Einspeisung durch Photovoltaikanlagen sorgen. Um zusätzliche erneuerbare Energieerzeuger in das Stromnetz zu integrieren wird oftmals vorgeschlagen, das Netz in kleine autonome Zellen aufzuteilen, sogenannte Microgrids: Damit könnte beispielsweise eine Gemeinde mit einem Blockheizkraftwerk und ihrer eigenen Wind- und Photovoltaik-Erzeugung weitestgehend energieautonom operieren.

Doch wie wirken sich die Aufteilung in kleine Zellen und zusätzliche erneuerbare Erzeuger auf das Stromnetz aus? Um diese Frage zu beantworten, haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und dem MPIDS die Schwankungen der Netzfrequenz in Stromnetzen in verschiedenen Regionen der Welt analysiert – und mithilfe mathematischer Modelle Vorhersagen über mögliche Anfälligkeiten und deren Ursachen erstellt.

Frequenzmessungen in Deutschland aus dem Jahr 2015 (Daten: 50Hertz): Die Stromnetzfrequenz schwankt um 50Hz im europäischen Stromnetz und zeigt große Sprünge insbesondere bei den Handels-Intervallen von 15 Minuten. Meist bleibt die Netzfrequenz innerhalb des gelben Bereichs, doch Ausreißer nach oben und unten (grau) sind vor allem alle 15 Minuten sehr wahrscheinlich.
Copyright: MPI für Dynamik und Selbstorganisation / Benjamin Schäfer


Originalpublikation: „Non-Gaussian Power Grid Frequency Fluctuations Characterized by Lévy-stable Laws and Superstatistics“ by Benjamin Schäfer, Christian Beck, Kazuyuki Aihara, Dirk Witthaut, Marc Timme, Nature Energy, DOI: 10.1038/s41560-017-0058-z

Über FZ-Jülich:
Das Forschungszentrum Jülich leistet wirksame Beiträge zur Lösung großer gesellschaftlicher Herausforderungen in den Bereichen Information, Energie und Bioökonomie. Es konzentriert sich auf die Zukunft der Informationstechnologien und -verarbeitung, komplexe Vorgänge im menschlichen Gehirn, den Wandel des Energiesystems und eine nachhaltige Bioökonomie. Das Forschungszentrum entwickelt die Simulations- und Datenwissenschaften als Schlüsselmethode der Forschung weiter und nutzt große, oft einzigartige wissenschaftliche Infrastrukturen. Dabei arbeitet es themen- und disziplinenübergreifend und nutzt Synergien zwischen den Forschungsgebieten.
www.fz-juelich.de

(Quelle: fz-juelich)