Berlin/Bonn, 12.11.2025
70 Jahre Bundeswehr und NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitgliedschaft: Ein Rück- und Ausblick
Vor 70 Jahren, am 12. November 1955, wurde die Bundeswehr in Folge des Kalten Krieges gegründet. Schon ein knappes halbes Jahr zuvor, am 6. Mai 1955, war Deutschland der NATO North Atlantic Treaty Organization beigetreten. Einen Monat später, am 7. Juni 1955, wurde das Verteidigungsministerium gegründet. Diese Ereignisse prägen Deutschland bis heute.
Rückblick: Vom Wiederaufbau zur Verteidigungsarmee
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland zunächst vollständig entmilitarisiert. Doch mit dem Beginn des Kalten Krieges und der zunehmenden Konfrontation zwischen Ost und West änderte sich die sicherheitspolitische Lage. Die westlichen Alliierten drängten auf einen Beitrag der jungen Bundesrepublik zur kollektiven Verteidigung Europas.
Mit der Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 begann ein behutsamer, aber konsequenter Prozess der Wiederbewaffnung unter strengen demokratischen und zivilen Kontrollmechanismen. Der sogenannte „Staatsbürger in Uniform“ wurde zum Leitbild der neuen Armee: Soldaten sollten nicht nur Befehlsempfänger, sondern verantwortungsbewusste Bürger im Dienst des demokratischen Staates sein.
In den Jahrzehnten des Kalten Krieges diente die Bundeswehr vor allem der Abschreckung. Mit mehreren Hunderttausend Soldaten war sie ein wesentlicher Bestandteil der NATO-Verteidigungsstrategie an der innerdeutschen Grenze, die bis 1989 zugleich die Trennlinie zwischen Ost und West war.
Nach dem Kalten Krieg: Wandel der Aufgaben
Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 und dem Ende der bipolaren Weltordnung stand die Bundeswehr vor einem tiefgreifenden Wandel. Die klassische Landesverteidigung trat in den Hintergrund, während internationale Einsätze zur Krisenbewältigung und Friedenssicherung an Bedeutung gewannen.
Seit den 1990er Jahren beteiligt sich die Bundeswehr an multinationalen Missionen etwa auf dem Balkan, in Afghanistan, in Mali und im Mittelmeerraum. Dabei veränderte sich auch das Selbstverständnis der Truppe: aus einer reinen Verteidigungsarmee wurde eine Armee im Einsatz.
Parallel dazu wandelte sich auch die NATO. Nach der Osterweiterung und neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen wie Cyberangriffen, Terrorismus und hybriden Bedrohungen ist das Bündnis heute weit mehr als ein klassisches Verteidigungsbündnis es ist ein global agierendes sicherheitspolitisches Netzwerk.
Aktuelle Herausforderungen und neue Bedrohungslagen
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine im Februar 2022 markierte eine Zeitenwende in der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte in seiner historischen Bundestagsrede ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Modernisierung der Bundeswehr an. Ziel ist es, die Truppe wieder voll einsatzfähig zu machen und ihre Rolle im Rahmen der NATO zu stärken.
Gleichzeitig stellt sich die Frage nach einer neuen strategischen Ausrichtung: Wie kann Deutschland den Spagat zwischen kollektiver Verteidigung, internationalem Engagement und der Wahrung eigener Interessen meistern? Die Bundeswehr steht dabei nicht nur vor materiellen, sondern auch personellen Herausforderungen Nachwuchsmangel und Modernisierungsbedarf sind zentrale Themen.
Ausblick: Die Zukunft der deutschen Verteidigungspolitik
70 Jahre nach ihrer Gründung steht die Bundeswehr erneut an einem Wendepunkt. Die Rückkehr des Krieges nach Europa hat das Bewusstsein für die Bedeutung von Sicherheit und Abschreckung geschärft. Die Zusammenarbeit mit den NATO-Partnern bleibt dabei das Fundament deutscher Verteidigungspolitik.
Zugleich wird sich die Bundeswehr in den kommenden Jahren weiter modernisieren müssen technologisch, strukturell und gesellschaftlich. Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Cyberabwehr und Weltraumoperationen werden zu zentralen Aufgabenfeldern der Zukunft.
Was bleibt, ist die Verantwortung, die mit der Mitgliedschaft in der NATO und der Existenz einer Armee in der Demokratie verbunden ist: Frieden zu sichern, Freiheit zu schützen und als verlässlicher Partner für Stabilität in Europa einzustehen.
70 Jahre Bundeswehr und NATO-Mitgliedschaft sind mehr als nur ein Jubiläum. Sie stehen für sieben Jahrzehnte politischer Verantwortung, sicherheitspolitischer Herausforderungen und einer stetigen Anpassung an eine sich wandelnde Welt. Die Geschichte der Bundeswehr ist zugleich ein Spiegelbild der deutschen Demokratie mit all ihren Brüchen, Lernprozessen und Zukunftsaufgaben. (nz)
(Quelle: Bundeswehr / nz)